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Tiny ist das neue Groß – Wie ich durch Weniger frei und glücklich wurde

Tiny ist das neue Groß – Wie ich durch Weniger frei und glücklich wurde · Ratgeber

Mein Befreiungsweg zu einem selbstbestimmten Leben in einem Tiny House.

Was möchtest du mit dem Buch bewirken?

Dieses Buch soll anderen, die unglücklichen mit ihrem Leben sind, den Mut geben, sich wie ich zu befreien. Ich denke, dass Eile geboten ist, zu handeln – für uns alle. Jeder sollte damit beginnen, sein Leben endlich selbstbestimmt und frei zu leben; zu kostbar ist die Lebenszeit, zu kurz, um sie in einem ungeliebten Job gegen Geld zu tauschen. Doch viele stecken in der Konsumfalle fest, aus der wir zunehmend unsere Befriedigung ziehen und womit wir zugleich helfen, unseren schönen Planeten auszuschlachten und zu zerstören. In meinem Buch erzähle ich, wie mir dieses Dilemma klar wurde, wie ich entdeckte, was mich wirklich glücklich macht, und welche Konsequenzen ich daraus zog. Tatsächlich war Weniger für mich der Schlüssel zur Befreiung, und so zog ich in ein Tiny House. Ich möchte dem Leser vermitteln, wie man innerhalb kurzer Zeit zu dieser relativ neuen Art zu wohnen kommt, wobei meine Tipps sicher so einige unnötige Umwege vermeiden. Zudem möchte ich dazu anregen, den eigenen Lebensstil in Hinblick auf den ökologischen Fußabdruck zu überdenken, denn ein minimalistischer Lebensstil trägt nicht nur zum persönlichen Glück, sondern auch zum Schutz der Umwelt und der Natur bei.

Über den/die Autor:in

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Ich bin Andi, komme ursprünglich aus Hessen, habe mein Tiny House aber nun auf der Schwäbischen Alb stehen. Vor etwa fünf Jahren – als ich um die 50 war – wurde mir plötzlich klar, dass ich mit dem Le...

1         Vorwort – oder wie ich durch Weniger frei und glücklich wurde

 

Der Großteil unserer Gesellschaft funktioniert perfekt – zumindest für das System – und sorgt so dafür, dass eine kleine Minderheit auf Kosten aller anderen immer reicher werden kann.   Ja, damit startet dieses Buch direkt mit einem Knall. Und dabei geht es uns noch vergleichsweise gut. Wir müssen nicht hungern und können uns das meiste von dem, was wir zu brauchen glauben, irgendwie leisten. Die Frage ist jedoch: zu welchem Preis? Und sind wir damit wirklich auf Dauer glücklich?
Ich bin mit 48 Jahren zum ersten Mal „aufgewacht“ – besser spät als nie. Damals erkannte ich plötzlich, dass mein Leben beim nächsten Innehalten und Aufwachen bereits vorbei sein könnte. Der ursprüngliche Plan, nämlich in meinem Job weiter vor mich hin zu rackern und alles für mich wirklich Wichtige in die Zukunft zu verschieben, war nicht die beste Idee. Dieses Buch beschreibt meinen Befreiungsweg hin zu einem selbstbestimmt handelnden Ich. Heute glaube ich zu wissen, wofür ich hier bin und was mich wirklich glücklich macht.

Die Zeit der Pandemie hat alles um uns herum etwas entschleunigt. Vielleicht konntest ja auch du diese Zeit nutzen, um mehr zu dir zu kommen, oder hast dich sogar gefragt, ob das Leben, das du bisher geführt hast, wirklich schon alles gewesen sein kann? Ich will dir mit meinem Buch helfen, eine Bestandsaufnahme zu machen. Wo stehst du gerade und möchtest du das wirklich genau so bis zur Rente durchziehen?  Lass uns herausfinden, welche Freiräume dir bei deinem aktuellen Lebensstil mit all dem materiellen Besitz und den damit einhergehenden Verpflichtungen wirklich bleiben. Ich denke, uns wird immer mehr bewusst, dass wir in einer Art Zeitschleife a la Und täglich grüßt das Murmeltier feststecken. 

Wie war das bei mir? Nun, ich stellte vor einigen Jahren fest, dass ich mit meinem geführten Leben eigentlich nie wirklich glücklich war. Die meisten meiner Anschaffungen waren eine Art Entschädigung, vielleicht sogar ein Schmerzmittel, denn diese Bonbons haben mich zwar regelmäßig, aber immer nur für sehr kurze Zeit beglückt. Aber außer dem schönen Außenschein hat mir der ganze Besitz – das schöne Haus, das tolle Auto … natürlich alles auf Pump – nichts gebracht. Der Kauf und der Unterhalt all dieser Dinge samt resultierender Schulden wirkten wie eine Fußfessel mit schwerer Eisenkugel. Stattdessen half mir eine minimalistische Lebensweise, mich nach und nach aus der modernen Leibeigenschaft zu befreien.

Durch die Anschaffung eines Tiny Houses und die damit einhergehende Befreiung von all meinen Abhängigkeiten und Schulden konnte ich schließlich zumindest einen Fuß aus dem Hamsterrad strecken und dieses auf eine Geschwindigkeit herunterbremsen, bei der ich bald gemütlich und gefahrlos aussteigen können würde.

Heute folge ich anderen Zielen: mein Leben frei zu leben und das zu tun, wofür ich hier bin. Ich empfinde diesen Ausstieg als den wahren Luxus – ein Ausstieg ins Paradies –, und ich würde mich freuen, wenn dir dieses Buch dabei hilft, auch für dich erste mögliche Ansätze zu deiner Befreiung zu finden. Die Zeit steht nicht still und das Leben ist endlich und oft kürzer als wir denken – also pack es am besten sofort an!    

2         Der Weg zu Freiheit und Glück

 

Gefangen im Hamsterrad
Die erste Frage, die du dir stellen solltest, lautet: Wen macht dein Lebensstil glücklich? Dich selbst oder doch eher andere, indem du ihnen einen Großteil deiner kostbaren Lebenszeit verkaufst? Die meisten hoffen bereits am Montag, dass möglichst schnell wieder Wochenende ist – das klassische Leben im Hamsterrad. Die Tage rattern einfach so vorbei, der Arbeitsinhalt erscheint sinnlos, und kurzzeitige Befriedigung bringt nur der Konsum von unnützen Dingen, die in meist unnötig großen Wohnräumen gehortet werden. Im besten Fall halten sich Einkommen und das, was jeden Monat für Kredite und Konsum gebraucht wird, die Waage. Doch da der Verlust des Einkommens fast immer auch den Verlust des Besitzes bedeuten würde, kann das Hamsterrad nicht verlassen werden und so bleibst du dem System treu.

 

Das herrschende System
Das System, in dem wir leben, ist krank und längst aus dem Ruder gelaufen. Grenzenloses Wachstum beutet die Ressourcen unseres schönen blauen Planeten und die meisten seiner Bewohner aus. Im krassen Gegensatz dazu werden die wenigen Großaktionäre, die die Welt regieren, immer reicher, sodass passenderweise von Raubtierkapitalismus gesprochen wird.

 

„Weniger“ ist der Schlüssel zur Befreiung
Bis vor einigen Jahren war ich selbst noch eifriger Diener des Systems.  Mit um die 50 wurde mir plötzlich klar, dass ich mit dem Leben, das ich bis dahin führte, nicht glücklich weiterleben konnte. Ich lebte fast ausschließlich für meinen Job im Marketing eines großen Konzerns – wochentags und auch zum Teil wochenends. Zwar hatte ich dadurch auch so einige Annehmlichkeiten, aber erfüllend war es nicht. In der knappen verbleibenden Freizeit suchte ich Befriedigung im Konsum. Wäre ich nicht aufgewacht, hätte ich diesen Lebensstil wohl bis zur Rente weitergeführt und meine kostbare Lebenszeit einfach verschenkt.

Heute bin ich dankbar, dass ich einen für mich funktionierenden Befreiungsweg gefunden habe. Ich bin viele Schritte gegangen, natürlich auch immer wieder mal welche zurück oder in die falsche Richtung, aber rückblickend denke ich, dass mein Prozess anderen Betroffenen, und vielleicht ja auch dir, eine gute Orientierung bieten kann.  Der Ausstieg muss auch gar nicht radikal erfolgen, sondern lässt sich auch Schritt für Schritt, aufgeteilt in kleine Aufgaben, bewerkstelligen – ganz gemütlich. Ich denke, dass dir die folgenden Kapitel helfen können, deiner persönlichen Freiheit näher zu kommen.

 

1. Bestandsaufnahme

Zunächst ist es wichtig, dein aktuelles Leben unter die Lupe zu nehmen, und zwar gnadenlos ehrlich. Führst du bereits ein selbstbestimmtes und glückliches Leben oder bist du noch frustrierter Diener des Systems? Wie viel Lebenszeit hast du bereits vergeudet und wie viel bleibt dir noch? Stell deine Einnahmen und Ausgaben gegenüber – und ich kann, ja, muss dir leider direkt sagen: Wenn sich beides die Waage hält oder die Ausgaben sogar überwiegen, wirst du aus dieser misslichen Lage nicht rauskommen.

 

 

2. Die Befreiung

Was sind deine dicksten Kostenbrocken? Lebst du in einem finanzierten Haus mit hohen Tilgungsraten? Gönnst du dir regelmäßig eines der neuesten Automodelle oder Smartphones und bekommst alle drei Tage Lieferungen von Amazon? Bingo – genau so war ich auch unterwegs. Aber wenn du frei sein willst, musst du diese Brocken aus deinem Leben räumen. Vielleicht mietest du dir stattdessen eine kleinere Wohnung oder kaufst dir ein kleines Anwesen, sofern dies ohne Kredit für dich möglich ist?  Ich habe für mich einen noch radikaleren Weg gewählt und bin in ein Tiny House gezogen. Einerseits ist dies meist bezahlbar und andererseits verkleinerst du damit automatisch deinen ökologischen Fußabdruck und trägst zum Schutz der Umwelt und Natur bei.

 

3. Der Weg zum Tiny House:

Das Tiny House ist kein Muss zur Befreiung, aber aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass dieser Schritt den Weg enorm erleichtern kann. Aufgrund der kleinen Wohnfläche sind sowohl die Anschaffungskosten als auch die monatlichen Unterhaltungskosten sehr gering. Außerdem wird zwangsläufig der Konsum eingedämmt, weil du schlicht viel weniger horten kannst.

 

4. Leben im Paradies

Das Tiny House war für mich der Schlüssel zur Befreiung. Ich lebe seit Januar 2020 mitten im Grünen und bin damit sehr glücklich – ich weiß jetzt, warum mich früher die Sendung Löwenzahn mit Peter Lustig immer so fasziniert hat. Seit ich diesen Schritt gegangen bin, lebe ich auch viel relaxter, bewusster und automatisch minimalistischer. Mein gedrosseltes Konsumverhalten und die viel geringeren Kosten haben es mir zudem ermöglicht, in meinem Job auf 80 Prozent Teilzeit zu gehen. Vielleicht ist dieses Lebensmodell ja auch was für dich?

 

 

 

3         Wo stehe ich gerade?

Im Oktober 2015 hatte ich den Kopf voller Gedanken, die so drängend waren, dass ich sie schließlich zu Papier bringen musste. Ich bin froh, dass ich den Notizzettel nicht weggeworfen habe, denn ich sehe dies als Startpunkt meiner Befreiung an. Daher möchte ich die Zeilen von damals hier unverändert veröffentlichen:

 

 

Tagebuch - 7. Oktober 2015

Ich werde in wenigen Tagen bereits 48 Jahre alt. Wahnsinn … Aus Sicht eines Kindes bin ich dann schon steinalt – zumindest war das meine Sicht, als ich Kind war. Vielleicht hat sich das mittlerweile geändert? Denn ich fühle mich auch eher wie 35. Aber Fakt ist, es muss sich jetzt etwas ändern in meinem Leben. Ich möchte diesen Gedanken nicht wie in den letzten 15 Jahren immer in die Zukunft schieben, mit der Ausrede, dass jetzt gerade ein schlechter Zeitpunkt dafür ist … mit der Arbeit so viel zu tun … für eine Lebenspartnerin keine Zeit … da mache ich mir später drüber Gedanken usw.

Denn was ich mittlerweile begriffen habe, ist, der perfekte Zeitpunkt, um etwas zu ändern, wird nicht kommen. Mein Ich-Bewusstsein wird immer Ausreden finden, weil es Angst hat, dass sich am gewohnten Lebensablauf etwas ändert. Diesen gewohnten Lebensablauf bzw. alles, was ich kenne und für mich okay ist, nennt man persönliche Komfortzone, und solange ich meine abgesteckte kleine Komfortzone nicht verlasse, wird sich in meinem Leben nichts verändern. Also zurück zu meinem Vorsatz: Es muss sich jetzt etwas verändern!

Aber … warum eigentlich? Wenn ich meine Lebensumstände betrachte, geht es mir doch vergleichsweise bestens …

 

Dass doch eigentlich alles okay ist, war früher meine Lebenseinstellung, jedoch zum Zeitpunkt der Notiz eigentlich schon nicht mehr ernst gemeint – und zum Glück habe ich es nicht beim bloßen Aufschreiben belassen, sondern von da an immer mehr infrage gestellt. Ich wusste nicht, warum es gerade jetzt so dringend war, etwas zu ändern. Ich wusste nur, dass ich so nicht mehr glücklich war.

 

Womit verbringe ich meine Zeit?
Als Erstes machte ich mir Gedanken darüber, wie ich meine Lebenszeit über den Tag hinweg eigentlich aufteilte.

 

Wie viel Zeit stecke ich in den Job, mit dem ich meinen

Lebensunterhalt verdiene und wie viel Zeit nutze ich für mich persönlich?

 

Dabei wurde mir bewusst, dass der größte Teil des Tages für meinen Job draufging – einen Job, hinter dem ich immer weniger stand. Zudem stellte ich fest, dass meine restliche Lebenszeit immer weniger wurde; das liegt nun mal in der Natur der Dinge: Das Leben ist endlich.

 

Was ist mein Ding?
Mein ganzes Leben infrage zu stellen … war das eine natürliche Begleiterscheinung der Wechseljahre? Vielleicht auch. Sehr geholfen hat mir jedenfalls die Life-Coaching-Plattform von Veit Lindau, auf die ich damals glücklicherweise gestoßen bin.  Humantrust oder Homodea, wie die Plattform heute heißt, hat mir mit den angebotenen Kursen und täglichen Impulsen sehr dabei geholfen, mich besser kennenzulernen und letztendlich komplett aufzuwachen.

 

Raus aus dem System

Im Zuge der wurde mir klar, dass ich Gefangener des Systems war. Ja, ich weiß – das klingt zunächst mal etwas nach Verschwörungstheorie, aber keine Angst, ich möchte lediglich einen Samen in dir einpflanzen, der vielleicht in dir keimt und dich ebenfalls zum Aufwachen bewegt. Auch ich war so lang ein Rädchen im System des Turbokapitalismus. Da du dieses Buch liest, vermute ich, dass auch du schon ahnst, dass es so, wie es gerade läuft, nicht mehr länger weiter gehen kann. Kurzfristiger Gewinn ist das Einzige, das zählt – ein Gewinn, den jedes Jahr nur einige wenige über Aktienwertsteigerungen und Dividenden einstreichen, nämlich die Großaktionäre, die vieles hier lenken. Durch geschickte Marketingmaßnahmen werden wir alle manipuliert, sodass der Konsum jedes Jahr weiter gesteigert werden kann. Und dennoch scheint diese reiche Minderheit immer noch gieriger zu werden. Wie Schwarze Löcher ziehen sie mehr und mehr Geld aus den Taschen der breiten arbeitenden Masse, von der dadurch wiederum immer mehr in die wachsende Armutsschicht abrutschen. Ja, mag sein, der verbleibenden Mittelschicht geht es eigentlich nicht schlecht. Hier muss niemand hungern und jeder hat Zugang zu augenscheinlich erstrebenswerten Dingen, die uns von morgens bis abends schmackhaft gemacht werden. Neben tollen Autos, die man günstig leasen kann, gibt es immer neue Schätze der Unterhaltungselektronik – Smartphones, Spielekonsolen und riesige Flatscreen-TVs, um nur einige zu nennen –, und auch diese Dinge sind für jeden über bequeme Ratenzahlung erschwinglich. Doch in Summe übersteigen die Ausgaben oft irgendwann die Einnahmen, es kommt doch zur Verschuldung, und dann kommen die Sorgen. Doch zum Glück können die lieben Banken da helfen. Ganz ehrlich? Banken sind für mich die Wegelagerer der modernen Zeit. Früher trugen sie warnende Räuberkluft, heute kommen sie als Helfer daher, smart und mit Anzug und Krawatte. Machen wir uns nichts vor: Auch sie wollen nur dein Geld und locken nicht aus Nettigkeit mit attraktiven Angeboten. Regelmäßig erhalte ich per Post Lockangebote von Banken, in denen z. B. die Sehnsucht nach einem Pool für den Garten geweckt werden soll. Banken stehen den Großkonzernen hinsichtlich der Gier in nichts nach. Mit geschickter Werbung erwecken sie das in der Gesellschaft verankerte Statusdenken. „Sehen Sie zu, dass Ihnen Ihr Nachbar nicht die Show stiehlt und Sie am Ende als Loser der Straße dastehen!“
Ja, mit e neuen Kredit lassen sich die roten Zahlen auf dem Konto erst mal ausgleichen, zumindest augenscheinlich. Und dann nehme ich doch gleich noch ein bisschen mehr Kredit auf und erfülle mir meinen Traum vom neuen iPhone. Genau das ist das Rezept, wie man die große Masse in der Tretmühle gefangen hält. Für die meisten ist dies gekoppelt mit einem ungeliebten Job. Aber eine Umorientierung durch Weiterbildung oder direkt sein eigenes Ding zu starten, ist kaum möglich, weil ja pünktlich zum Ersten jeden Monats die ganzen Kredite befriedigt werden wollen.

Und gehören wir stattdessen der Oberschicht an, so können wir behaupten, dass wir das Spiel durchschauen und dem Konsumrausch widerstehen. Schließlich denken wir an unsere Zukunft und haben unser Geld vorsorglich in ein schönes Eigenheim investiert. Dann müssen wir das Geld nicht jeden Monat als Miete aus dem Fenster schmeißen, sondern genießen unser neues Haus mit großzügigem Garten. Dies soll unser kostenloses Altersdomizil werden – wenn wir dann erst mal in Rente sind. Und leben wir im Süden, speziell im Schwabenländle, ist ein eigenes Haus eigentlich sogar ein Muss. Ich hoffe, ich rede mich da jetzt nicht um Kopf und Kragen und werde verjagt – schließlich werde ich als neigeschmeckta Hesse hier nur geduldet. ;-) Und die Kosten haben es hier im Süden in sich –- für ein Haus mit Bauplatz ist schnell mal eine Million versenkt, und das muss dann noch nicht mal die beste Lage sein. Selbst wenn man zu zweit ist und beide die brav besparten Bausparverträge mit einbringen, bleibt da noch ein großer Rest, der von den hilfsbereiten Anzugsträgern geliehen werden muss. Die monatliche Kreditrate, die sich in den meisten Fällen gewaschen hat, lässt die Falle dann jedenfalls zuschnappen und man sitzt bis zum Rentenalter fest im System. 

 

Geldgier, Wachstum und Umwelt

Die Folge dieser endlosen Gier ist grenzenloses exponentielles Wachstum, das zum Raubbau an unserem schönen blauen Planeten führt. Gleichzeitig nehmen Umweltverschmutzung und Klimaerwärmung stetig zu. Was wir vergessen: Die Erde ist eine Leihgabe für den Zeitraum unserer Generation. Doch wir gehen mit ihr genauso achtlos um wie mit unseren übrigen konsumierten Dingen. Schnell muss immer wieder etwas Neues her. Jeder denkt nur an seinen eigenen persönlichen Kick. Die Zukunft der Erde und das Wohl unserer Nachkommen werden ausgeblendet. Daher ist jeder von uns gefragt, mitzuhelfen, diesen Prozess zu stoppen, bevor es zum Kollaps kommt.

 

3.1       Fang an zu leben – jetzt sofort!

Bis zu jenem Tag im Oktober hatte ich das innere Wissen um mein Unglücklichsein und darum, etwas ändern zu müssen, immer mit Ausreden zurückgedrängt – dass gerade nicht der passende Zeitpunkt dafür wäre. Ich vertröstete mich immer wieder selbst, dass sich meine Lage schon irgendwann verbessern würde. Ich sagte mir, ich müsse jetzt nur noch durch dieses eine dunkle Tal und dahinter würde mich das Glück erwarten. Doch was ich mittlerweile weiß: Das Glück wartet auf niemanden. Es wird nicht einfach so von allein besser – man muss schon aktiv etwas ändert, auch wenn es noch so schwer ist, die Ausreden des Egos, deines Ich-Bewusstseins, zu durchschauen. Das Ego hat immer Angst, wenn sich im gewohnten, augenscheinlich sicheren Lebensablauf etwas zu ändern droht. Aber aus dieser persönlichen Komfortzone muss man ausbrechen, um etwas in seinem Leben zu verändern – anders geht es leider nicht –, und dabei hilft es, wenn man sich einige Dinge klar macht.

Die Maßband-Übung
Da du dieses Buch liest, ist es wohl auch für dich an der Zeit, dein Leben zu ändern. Je jünger du bist, umso mehr Zeit bleibt dir, um dein Leben zu genießen, wenn du es endlich selbst in die Hand genommen hast. Vielleicht kennst du die Maßband-Übung bereits? Aber ich bitte dich: Auch wenn du schon davon gehört oder sie sogar schon mal gemacht hast, mach diese machtvolle Bewusstseinsübung noch einmal. Nimm dir ein normales Maßband von 150 cm Länge und eine Schere.

Bevor du zur Tat schreitest, noch ein paar Fakten: Die durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen, die in den 1970er-/80er-Jahren geboren wurden, liegt bei 84 Jahren, die von Männern bei immerhin noch 78 Jahren. Glücklicherweise ist die Lebenserwartung in den letzten Jahrzehnten enorm gestiegen und steigt noch weiter. Lag sie im Mittelalter noch bei nur 35 Jahren, so werden Frauen, die heute geboren werden, sogar durchschnittlich 95 Jahre alt. Aber wie gesagt – bist du noch aus dem letzten Jahrhundert, so bleiben wir mal bei den 84 bzw. 78 Jahren.


So geht die Maßband-Übung:

Schritt 1:  Suche auf dem Maßband die Zahl deiner natürlichen Lebenserwartung und schneide alles darüber hinaus ab. Bei mir war das die Länge von 78 cm. Die Gesamtlänge des Bands war in meinem Fall somit schon mal fast halbiert und stellte meine wahrscheinliche Lebensdauer ab Geburt dar.

Schritt 2: Und nun kommt der Aha-Effekt. Suche auf deinem Lebensmaßband dein aktuelles Alter und schneide das Band hier durch, denn dieser Lebensteil ist bereits unwiderruflich verstrichen und kann nicht nachgeholt werden. Das ist hart, oder? Was übrig bleibt, ist deine Zukunft. Lege die beiden Teile untereinander und sieh dir das Verhältnis an. Bist du älteren Baujahrs, so ist es der kürzere Teil, der jetzt noch vor dir liegt. Und? Ist gar nicht mehr so lang, wie du wahrscheinlich gedacht hast, richtig?

 

 

So sah mein Ergebnis aus:
- Stimmt die natürliche Lebenserwartung, so wären schon zwei Drittel meines Lebens unwiederbringlich vorbei

- Mein letztes Drittel von 25 Jahren habe ich noch mal unterteilt. Die noch verbleibenden 15 Jahre bis zur Rente bin ich hoffentlich weiterhin fit, und danach bleiben mir geschätzt nur noch zehn Jahre, um mein Leben zu starten. Wie es mir dann aber gesundheitlich geht und ob ich alles schmerzlos genießen kann, steht auf einem anderen Blatt.

Den meisten wird diese Wahrheit niemals bewusst – sie bleiben im gewohnten Trott, leisten gehorsam ihren Dienst und schlafen weiter. Und einige von ihnen können den lang ersehnten Lebensabend ab der Rente nicht einmal mehr nutzen, sondern springen gleich kurz nach Rentenstart in die hölzerne Kiste (den Staat freut es).

Zieh die Übung mit dem Maßband wirklich durch.

Es lohnt sich, denn die Wahrheit und die resultierende Dringlichkeit zu handeln wird dir erst beim Durchführen so richtig bewusst.

 

Das Ende ist näher als man denkt

Ein weiteres Mal wurde mir meine Endlichkeit bewusst, als wir 2018 den 75. Geburtstag meiner Mutter feierten. Mein Bruder und ich luden meine Eltern zu einer Schiffrundfahrt auf dem Edersee ein – das Wetter war Mitte Juli perfekt. So standen wir auf dem Oberdeck in der Sonne, stießen mit einem Gläschen Sekt an und ich sagte: „Prost, weiterhin viel Gesundheit und auf die nächsten 25 Jahre!“

Meine Eltern sind noch recht fit für ihr Alter, aber in 25 Jahren ist meine Mutter schon 100. Hm …  100 Jahre – das ist weit über ihrer Lebenserwartung. Und irgendwie wurde in diesem Moment allen klar, dass die Wiederholung einer solchen Feier in 25 Jahren doch fraglich ist. Ich dachte mir, dass meine Eltern ab sofort eigentlich jeden Tag total genießen sollten, weil das Schicksal ja zu jeder Zeit zuschlagen kann. Dann war ich kurz erleichtert, da ich ja erst 50 war. Erst 50? Oje … nur noch 25 Jahre, dann wäre ich in der gleichen Situation und kurz vor dem Erreichen meiner natürlichen Lebenserwartung von 78 Jahren.

Sinnlose Bummelzeit vergeht schneller

Mir wurde klar, dass meine Mutter 25 Jahre zuvor in meinem Alter war. Die Zeit war für uns beide nur so gerannt, und wenn ich jetzt nicht aufwachen würde, so würden mir auch die nächsten 25 Jahre zwischen den Fingern zerrinnen. Denn auch bei mir war die Zeit in den letzten Jahren immer schneller vergangen. Das war mal anders gewesen: das Hochgefühl des erreichten Abschlusses als Diplom-Ingenieur, der erste Tag in der neuen Firma, die erste Präsentation vor Kunden, später Kundentagungen im Ausland und Präsentationen auf Englisch Halten – all das war anfangs neu und spannend und ich war über jedes neu erreichte Ziel happy gewesen. Doch irgendwann kommt immer die Routine und dann ruft man die meisten Sachen aufgrund angesammelter Erfahrung schnell und einfach ab. Ich habe das Gefühl, je mehr wir in einer Art Stand-by-Modus leben, in dem nicht mehr viel Neues passiert, umso schneller vergeht die Zeit. Leben wir sehr flach, vergeht die Zeit wie im Flug.

 

Begrenzte Lebenszeit
Zum Zeitpunkt, wo ich dieses Buchschreibe, habe ich das erste halbe Jahrhundert meines Lebens bereits überschritten und höre immer öfter von kürzlich verstorbenen Bekannten. Bei meinen Eltern ist das beinahe jeden Monat Thema, und hin und wieder ist sogar schon ein ehemaliger Klassenkamerad von mir dabei, obwohl der gar nicht so ungesund lebte. Ohne klaren Grund von uns gegangen – seine Uhr einfach abgelaufen. Die Einschläge kommen näher, und genau das zeigt mir meine Vergänglichkeit auf. Da es leider keine Garantie für ein Anschlussleben gibt, gilt es, jetzt zu leben und jeden Tag voll zu genießen – ohne Ausnahmen oder Beschränkungen.

Egal wie alt du bist, warte nicht bis zur Rente!
Mach dein Ding und starte dein Leben jetzt!


Weitere Empfehlungen:

Frag dich ehrlich:
Bin ich aktuell glücklich? Lebe ich mein Leben oder das eines anderen?

Mach die Maßband-Übung:
Wie alt bist du und in welcher Zeitperiode steckst du gerade?

Werde dir über Folgendes bewusst:
Will ich das verbleibende Stück Lebensband wirklich so verbringen wie bisher?

3.2       Zeit ist kostbar – wem schenke ich meine?

 

Wieder mal den Tag verschenkt,
von der Firma fremdgelenkt.
Winter – früh und abends keine Sonne,
so ist ein Leben für die Tonne.

Ab Samstag lebe ich mein Leben,
doch bleibt viel Offenes noch kleben.
Obwohl jetzt endlich Freizeit wäre,
kommen Mails mir in die Quere.
Viele Fragen kommen auf,
erwarten meine Antwort drauf.
Mein Heim ist nur ein Ort
zum Laden meines Akkus dort.
Das Wochenende ist bald aus,
morgen Montag, was ein Graus.
Die Arbeit mache ich nicht gern,
bliebe lieber davon fern.

Ab Montag spielt die alte Leier,
und geht mir wieder auf die Eier.
Täglich länger als neun Stunden,
muss ich dienen allen Kunden.
Und sollte es mal kürzer sein,
Acht-Stunden-Bleiben müssen sein.

52 Wochen jedes Jahr,
nach 40 Jahren wird mir klar:
Ich war gefangen im System,
für ein paar Bonzen schön bequem.
Tagsüber schuftet diese breite Masse,
danach kauft sie Sachen, ach, wie klasse.
Umsatz rauf und Kosten runter,
das hält die Aktionäre munter.
Nur diese horten den Gewinn
und für mich bleibt gar nichts drin.
Wach endlich auf, du bist ein King
und mach dein eignes Ding!

 „Arbeiten für das System“; ein Gedicht von mir

 

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